Globale Plattformen: Von der Rivalität zur Beziehungsgestaltung mit lokalen Stakeholdern


Wir kennen das: AirBnB tritt nicht nur in Konkurrenz zu lokalen Hotelbetreibern, es verengt auch den Wohnungsmarkt und verärgert Nachbarn ob der ständig wechselnden Bewohner. Uber wiederum konkurriert mit eingebürgerten Taxiunternehmen, die daher Lobbying bei Regierungsbehörden betreiben, um die Plattform einem strengeren Regime zu unterstellen. Generell positionieren sich Plattformbetreiber typischerweise in einer Arena, die sich durch hohe Rivalität und durch Spielraum für strategische Wahl auszeichnet. Das demonstrieren wir in einem aktuellen Beitrag am Fall von Amazon (Reisinger & Lehner, 2020). Unternehmer welche sich dieser übermächtigen Konkurrenz gegenübersehen, aber wegen mangelnder Marktmacht nicht dieses Ausmaß an strategischer Wahl haben, sehen sich zu gemeinschaftlichen Gegenaktionen gezwungen. Sie finden sich gegen die übermächtigen Plattformen zusammen, gründen informale Bewegungen, die da und dort auch die Form von Gilden annehmen, jenseits der etablierten Kammern und Vertretungsorgane (Larner & Walldius, 2019).

 

In einem aktuellen Artikel nehmen Ricart, Snihur, Carrasco-Farré, & Berrone (2020) solche Grass-Roots-Bewegungen zum Anlass, um für Plattformbetreiber ein „Relationales Business Modell Design“ vorzuschlagen. Kern dieses Designs muss, so die Autoren, eine „Stakeholder Value Proposition“ sein. Für alle Beteiligten im Ökosystem rund um die Plattform – besonders für die Anbieter komplementärer Angebote und für lokale Außenstehende – muss ein Wertbeitrag klargemacht werden. Dies kann nur über starke Integration und Partizipation, sowohl der Anbieter als Insider (z.B. Fahrer, Vermieter) als auch der Außenstehenden (Taxifahrer, Nachbarn) gelingen. Die Autoren meinen, dass dadurch auch das Innovationspotential der Plattformen und des Ökosystems insgesamt steigt.

 

Wir bleiben skeptisch. Die empirische Erfahrung zeigt eher, dass sich Plattformen aus Bereichen zurückziehen, wo der Gegenwind durch die lokalen Stakeholder zu groß wird.

 

Johannes M. Lehner

 

Literatur:

- Larner, J. & Walldius, Å. (2019). The Platform Review Alliance Board: designing an organizational model to bring together producers and consumers in the review and commissioning of platform software. Journal of Organization Design, 8(1). https://doi.org/10.1186/s41469-019-0055-8

- Reisinger, S. & Lehner, H. (2020). Dealing with Strategic Tensions in a digital world. In: Baumann, S.: Handbook on Digital Business Ecosystems. Technologies, Markets, Business Models, Management, and Societal Challenges. Work in Progress.

- Ricart, J. E., Snihur, Y., Carrasco-Farré, C., & Berrone, P. (2020). Grassroots Resistance to Digital Platforms and Relational Business Model Design to Overcome It: A Conceptual Framework. Strategy Science, (March). https://doi.org/10.1287/stsc.2020.0104

 

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